Rentenversicherungspflicht für alle Selbständigen?

 

Relevanz und Konsequenzen, Petition an den Bundestag

von Gerhard Tiemeyer.


Seit März 2012 geistert die Absicht der Bundesregierung, eine Rentenversicherungspflicht für alle Selbständigen einzuführen, durch die Zeitungen. Ein guter Artikel beschreibt die Planungen
(© Jörg Carstensen/dpa) Link zum Artikel - u.a. ist wohl vorgesehen, dass nur unter 30 jährige sich voll Rentenversichern müssen – was auf eine monatliche Belastung zwischen mindestens 250 und 350 Euro hinausläuft. Wer über 30 ist wird eine Altersvorsorge nachweisen müssen und wer über 50 ist, da ist sowieso keine neue Vorsorge mehr sinnvoll.

Es erreichen mich in den letzten Wochen viele mails, die zur Unterschrift unter eine Petition aufrufen. Ich füge diese auch unten an. 

Zugleich möchte ich kurz informieren.



Aktuelle Situation für GesundheitspraktikerInnen und HP, die lehrend tätig sind:

Die aktuelle Lage sieht so aus, dass nach § 2 Abs. 1 des sechsten Sozialgesetzbuches lehrend tätige Selbständige rentenversicherungspflichtig sind, es sei denn sie beschäftigen selbst mindestens einen sozialversicherungspflichtigen Angestellten oder zwei Minijobber. Zur lehrenden Tätigkeit gehören laut „Deutsche Rentenversicherung Bund“ alle Berufe, die sich in irgendeiner Weise mit der Vermittlung von Wissen, Können und Fertigkeiten beschäftigen. Eine Liste der betroffenen Tätigkeiten:

  Training

  Dozententätigkeit

  Lehrgang

  Seminar

  Kurs

  Workshop

  Coaching

  Supervision

  Moderation, und so weiter…


Was bedeutet das ?


Alle GesundheitspraktikerInnen oder Hp, die lehrend tätig sind – im weitesten Sinne -  sind bereits rentenversicherungspflichtig und müssten pro Monat 19,6 Prozent bezogen auf ihren Gewinn an die Rentenversicherung zahlen, maximal EUR 514,50 monatlich!

Ausnahmen:

  1. Diejenigen, die weniger als EUR 4.800,00 Gewinn im Jahr, also weniger als EUR 400,00 monatlich erwirtschaften, sind ausgenommen.
  2. Wer selbst einen Angestellten oder zwei Minijobber mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von zusammen mindestens EUR 401,00 beschäftigt, gilt als Arbeitgeber/in und ist aus Sicht der Rentenversicherung nicht mehr schutzbedürftig.
  3. Wer seine Tätigkeit klar und nachweislich so aufsplittet, dass mindestens 60% nicht lehrend ist, sondern z.B.: Massage, Wellness-Praxis, Beratung (!!!) – oder eben HP Tätigkeit, der ist auch nicht zwangsverpflichtet.

Wer pflichtig ist und nicht zahlt, macht sich zwar nicht strafbar, aber wer „gefunden“ wird, dem droht eine Nachzahlung in Höhe von 19,6% des Gewinns auf bis zu 5 Jahre rückwirkend. Deshalb ist auch eine nette Anfrage bei der Rentenversicherung eventuell ein Schuss nach hinten. 

Welche Änderungen brächte die Rentenversicherungspflicht für alle Selbständigen?

 

  • Für diejenigen, die jetzt schon verpflichtet sind,  würde sich ändern, dass sie die Möglichkeit hätten den Beitrag, der rund EUR 400 monatlich betragen soll, entweder in die gesetzliche Rente oder in eine private Altersvorsorge zu investieren. Die private Altersvorsorge soll ähnliche Konditionen wie die Basisrente (Rürup) haben.
  • alle, die bisher noch nicht verpflichtet waren, also HP, Berater, Wellnessanbieter usw. – schlicht alle – würden erfasst und verpflichtet.
  • Es wird Untergrenzen geben (4.800,- im Jahr) und lange Übergangszeiten, ferner werden wohl vorhandene Altersversorgungen anerkannt (was zur Zeit nicht der Fall ist) – speziell für alle ab die heute älter als 30 sind.
  • Für viele wird die Selbständigkeit gerade im Bereich niedriger Gewinne unattraktiv – es sei denn, sie finden Lücken und Tricks – was aber die Arbeit auch nicht leichter macht.


Handlungsempfehlung:

Ich bin durchaus der Meinung, sich der Petition anzuschließen.

Allerdings finde ich den Tonfall mancher Rundbriefe überdreht. Für viele kann es kritisch werden und man sollte sich auch die Ausnahmen und die Feinregelungen anschauen, dann entkrampft sich bereits manches.

Auf keinen Fall rate ich, sich jetzt an die Bundesrentenanstalt zu wenden, um sich einstufen zu lassen – das sollte man selbst entscheiden – denn die sind erfahrungsgemäß so drauf, dass die bei netten Anfragen erst mal rückwirkend prüfen.  

im DGAM Servicebüro werden wir weiter alle Infos sammeln und unsere Handbücher, die das Thema bereits behandeln, auf dem laufenen Stand halten

Die  Petition zum Thema an den Bundestag ist unter anderem unter: Link zur Petition